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Europäische Identität als Projekt - Innen- und Außensichten

of: Thomas Meyer, Christel Hartmann-Fritsch

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN: 9783531913483 , 270 Pages

Format: PDF, Read online

Copy protection: DRM

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Price: 35,96 EUR



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Europäische Identität als Projekt - Innen- und Außensichten


 

"Identität und Konfliktlinien in Europa – eine ungarische Sicht (S. 79-80)

György G. Márkus

„Wer würde schon für Europa sterben?"" – hat bereits vor paar Jahren der amerikanische Politologe F. Zakaria gefragt, um die Identitäts-Schwäche einer Kern-EU aufzuzeigen, die mit der großen Erweiterung bestimmt nicht geringer worden ist. Und es geht hier nicht um eine sekundäre oder tertiäre, hinter der stark ausgeprägten Rechtsgemeinschaft und dem dominanten Binnenmarkt-Prinzip zu stellenden Frage. Ohne eine, nicht nur von schmalen Eliten, sondern von Millionen von Bürgern getragene Identität wird Europa nie ein richtiger global player werden. Wir leben in einem postindustriellen und einem post cold war Zeitalter, in einem globalen Kapitalismus der Zweiten Moderne, in dem weder die klassischen ökonomischen (Klassen)Kämpfe noch die ideologischen Ost-West-Konflikte, sondern die identitätsbezogenen cultural codes entscheidend sind (Castells 2000). Ein Europa als politisches Projekt kann ohne Identität nicht realisiert werden.

Politische Paradoxe

Bereits seit Maastricht wird die EU – wenigstens von oben – als politische Union definiert. Einige zentrale politische Paradoxe, die von dem Problem einer politischen Identität nicht zu trennen sind, zeigen sich markant:

Die am meisten supranationale Integration der Welt wurde auf dem am meisten national diversifizierten Kontinent der Erde geschaffen. Das föderalistisch gedachte Projekt wird Geisel des Nationalstaates bzw. der Nationalstaaten.

Das Integrationswerk der am meisten demokratischen europäischen Länder als eine künstliche Elitekonstruktion hat im Laufe der Vertiefung eine bürokratische politische Superstruktur mit umfassendem Demokratiedefizit ausgebildet.

Die zunächst vom Prinzip der Rationalität geprägte Einigung wurde zu einer voluntaristischen, die Kohäsion reduzierenden Erweiterungspolitik, eine Politik der imperialen Überdehnung (Cuperus 2006).

Es bestehen Disparitäten in der Herausbildung unterschiedlicher Policy- Aspekte der Integration. Das Wirtschaftliche unterwirft einerseits das kohäsive Soziale, anderseits das identitätsfördernde Kulturelle. „Efforts to promote employment and social policy at the level of the European Community have come (…) late and seem feeble in comparison to the success stories of the Single Market and the Monetary Union"" (Scharpf 2002: 2).

Unbehagen in Europa

Unsicherheit, Ängste und – mit Freud gesprochen – Unbehagen werden immer präsenter in Europa. Ein Europa, das eine Synthese von drei gleichwertigen Komponenten: vom Wirtschaftswachstum, von liberaler Demokratie und von sozialer Kohäsion darstellte, ein Europa der multikulturellen Gesellschaften, ein Europa der grenzübergreifenden Solidarität, wird in Frage gestellt (Dahrendorf 1996). Viele befürchten eine Marktdominanz mit Demokratie, aber ohne Gerechtigkeit (ein amerikanisiertes Modell), nicht wenige Intellektuelle deuten auf die Option eines robusten Wachstums ohne liberale Demokratie, untermauert jedoch mit nationalistischer Solidarität, die von Dahrendorf als asiatisches Modell ausgelegt wird, die aber auch in der Rhetorik der europäischen Rechtspopulisten erscheint. Der „rheinische"", d. h. der soziale Kapitalismus (Albert 1991), scheint ein Auslaufmodell zu sein. Mit Blick auf die Herausforderung der Globalisierung ist unklar, ob sich die EU als Bollwerk dagegen oder als ein sich anpassender Bestandteil davon versteht.

Geschichte und Identität

Kann man eine kollektive Identität der Europäischen Union aus der politischen Geschichte Europas ableiten? Das heutige Europa entstand als Folge des Falls des supranationalen Römischen Reiches. Jahrhundertelang waren Differenzierung, Grenzziehungen, Nationalisierung die übergreifende Tendenz."