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Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd - Die Geschichte des Tourismus in der DDR

of: Heike Wolter

Campus Verlag, 2009

ISBN: 9783593407630 , 547 Pages

Format: PDF, Read online

Copy protection: DRM

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Price: 52,99 EUR



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Ich harre aus im Land und geh, ihm fremd - Die Geschichte des Tourismus in der DDR


 

Versorgung Mit dem Erhalt einer Reise vom Feriendienst des FDGB verband sich für den Urlauber nicht nur Unterbringung am Ferienort, sondern auch Vollpension. Es ist zu vermuten, dass diese Regelung es im planwirtschaftlichen System der DDR am besten ermöglichte, die Erfordernisse des Nahrungsbedarfs berechenbar zu kanalisieren. Da die freien gastronomischen Einrichtungen nur über unzureichende räumliche und zeitliche Kapazitäten sowie begrenzte Lebensmittelmengen verfügten, konnte die Versorgung der Urlauber nur auf diesem Wege sichergestellt werden. Die Verpflegung beim Feriendienst erfolgte zumeist in groß angelegten, zentral im Ferienort gelegenen Gaststätten, die meist durch den FDGB vertraglich gebunden waren und somit nicht zum öffentlichen Gastronomieangebot zählten. Die Kantinen-Qualität des dortigen Essens sowie die Bedingungen der Einnahme der Mahlzeiten stellten den am häufigsten kritisierten Bereich des Feriendienstes dar. 'Mit der Verpflegung wurde es im Laufe der Zeit allerdings immer mieser. Oft mußten wir uns vor dem Öffnen des Speisesaales an eine Schlange anstellen, um noch das Beste zu erwischen. Vor allem abends hatten wir zu tun, noch eine gewisse Auswahl an Wurstsorten vorzufinden, sonst konnte es passieren, daß wir nur noch Blutwurst am kalten Bufett fanden.' Zwar war die Problematik bei den verantwortlichen Stellen bekannt, doch schien es wenig konkrete Verbesserungen zu geben. So wurde immer wieder gemahnt, 'auf ein abwechslungsreiches, schmackhaftes und gesundheitsförderndes Angebot an Speisen und Getränken sowie eine kulturelle Atmosphäre in den gastronomischen Einrichtungen' zu achten. Dies war angesichts der Verpflegungssätze für gastronomische Einrichtungen der Vertragspartner nicht immer einfach, denn je nach Qualitätsstufe der Reise lagen die Preise für Vollverpflegung 1985 zum Beispiel zwischen 6,65 Mark und 9,60 Mark pro Tag und Urlauber. Sie wurden nach Rahmenspeiseplänen berechnet und entsprachen manchmal nicht den realen Bedingungen beziehungsweise erlaubten nur die Bereitstellung eines Basissortiments. Innerhalb der verschiedenen Bereitstellungssysteme schien sich die Ausgabe von Wertmarken größter Beliebtheit zu erfreuen, denn dieses Vorgehen stellte zumindest eine gewisse Flexibilisierung dar. Die Vorgaben für die Urlauber waren insgesamt recht eng und bestimmten - vor allem in den siebziger Jahren - angesichts der Vollverpflegung oft den Tagesablauf. So war Folgendes üblich: 'Bei FDGB-Reisen war das manchmal mit Essenszeiten: 18 bis 19 oder 19 bis 20 [Uhr, H.W.]. Weil's eigentlich nicht anders ging.' Die zunehmende Flexibilisierung der Essenszeiten - angesichts des Arbeitskräftemangels in der Gastronomie beim Feriendienst schwierig zu organisieren - stellte eine wichtige Verbesserung in vielen gastronomischen Einrichtungen des FDGB in den achtziger Jahren dar. So erklärte Willibald Scholz vom FDGB-Feriendienstobjekt Schmiedefeld 1988 auf die Frage, was bei den Urlaubern besonders ankäme: '[...] haben wir die Essenszeiten auf eineinhalb bis zweieinhalb Stunden verlängert. Diese Freizügigkeit findet große Resonanz, die Wartezeiten verkürzten sich wesentlich. Prima finden die Urlauber auch das Wanderbonsystem, welches ihnen gestattet, ein vorbestelltes Mittagessen in anderen Erholungsheimen des Bezirkes einzunehmen.' Reisebegleitprogramm Ein vielseitiges sportliches und kulturelles Programm galt als fester Bestandteil der Reisen des FDGB. Es wurde sowohl von den Mitarbeitern der einzelnen Ferienobjekte veranstaltet als auch in Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Organisationen, wie der Urania oder dem Deutschen Turn- und Sportbund, angeboten. Besonders in den fünfziger und sechziger Jahren schien die ideologische Einflussnahme durch entsprechende Veranstaltungen noch recht stark zu sein. Der Zwang zu kollektiver Urlaubsgestaltung ließ vor allem ab den siebziger Jahren stark nach, doch noch im April 1982 hielt es der Vorsitzende des FDGB, Harry Tisch, für notwendig, auf dem 10. FDGB-Kongress darauf hinzuweisen: 'Eine Bemerkung zur Urlaubsgestaltung. Dafür gibt es ein weitgefächertes Angebot in den Ferienheimen. Doch sollten wir bei all den Aktivitäten nicht außer acht lassen, daß der Urlauber sich ganz so erholen soll, wie er es selbst gerne möchte. Wenn er laufen will, mag er laufen; aber möchte er schlafen, dann soll man ihn nicht stören (Beifall).' Zwar waren weiterhin die Förderung des Gemeinschaftsgefühls, möglichst auch sozialistische Inhalte und eine dem Inhalt entsprechende Form der Veranstaltungen das Ziel aller Betreuungsangebote, doch sollte nun mehr auf die Bedürfnisse des Gastes Rücksicht genommen werden. Daher rückte seit den siebziger Jahren die sportliche Betreuung der Urlauber im Sinne einer aktiven Reproduktion der Arbeitskraft in den Mittelpunkt der Bemühungen. In den neuerbauten oder rekonstruierten FDGB-Ferienkomplexen waren (Klein-)Sportanlagen, Räume mit Geräten für sportliche Betätigung und die Ausleihe von Sportgeräten meist selbstverständlicher Bestandteil der Betreuungsleistungen. Zudem wurden - organisiert von Instrukteuren für Urlaubersport bei den jeweiligen FDGB-Bezirksvorständen und von lokal arbeitenden Sportorganisatoren der einzelnen FDGB-Ferienobjekte - verschiedenste kollektive Sportveranstaltungen (zum Beispiel Morgengymnastik, Wanderungen und Urlaubersportfeste) angeboten. Seit 1968 gab es zudem landesweit Urlauberolympiaden. Ab 1971 führte der FDGB gemeinsam mit der Redaktion des Deutschen Sportechos und der Tribüne die Aktion ?Mein Urlaub - kein Urlaub vom Sport? durch und ließ sie entsprechend propagandistisch unterstützen: 'Wenn Alfons Dickbier mit seinem FDGB-Ferienscheck in der Hand eines unserer Urlauberheime betritt und nun glaubt, dreizehn Tage faulenzen, träumen, schlafen zu können, ist er ein bissel auf'm Holzweg. Denn, Bürger Dickbier, das ist keine aktive Erholung!' Das Ziel lautete: 'Die sportlichste Erholungseinrichtung wird gesucht.' Innerhalb des kulturellen Rahmenprogramms gab es beispielsweise Lesungen und (Lichtbilder-) Vorträge in öffentlichen und heimeigenen Bibliotheken sowie Mal-, Strick- und Bastelkurse.